Wechselwirkungen zwischen Produkten

Mit Zunahme von diversen Wundbehandlungsprodukten und den hinzugesetzten Substanzen besteht heute mehr denn je die Gefahr von Wechselwirkungen, die im günstigsten Fall zu einer Neutralisation und damit Unwirksamkeit führen, im schlechtesten Fall aber erheblichen Schaden verursachen können. Aber auch körpereigene Stoffe können zu einer Veränderung der Wirkungsweise führen. Die nachfolgenden Wechselwirkungen sind beschrieben und nachgewiesen, erheben jedoch nicht den Anspruch auf Vollständigkeit. Man
kann davon ausgehen, dass die Dunkelziffer um ein Vielfaches höher liegt als hier dargestellt.


PVP-Iod → Blut
Gelangt PVP-Iod mit dem Bluteiweiß in Verbindung, neutralisiert sich das Iod sehr rasch und entfaltet dann keine Wirkung mehr.
ALSO: Dort wo es blutet wird kein Iod eingesetzt!

Beispiele, bei denen PVP-Iod sehr schnell seine Wirksamkeit wegen einer begleitenden Blutung verliert

  3. Bild

Bild 1: Zustand nach Nekrektomie einer Fersennekrose, die Wunde blutet…
Bild 2: Zustand nach Teilentfernung eines nekrotischen Hautransplantates , es blutet…
Bild 3: Schwere Knochen- und Weichteilverletzung des Unterschenkels. Blutiger Wundbereich…


PVP-Iod (Iodosorb®) → Antiseptika, wie: Octenisept®, Wasserstoffperoxyd und Taurolidin®

In der Wundversorgung kann es vorkommen, dass Iodosorb® eingesetzt wird. In diesen Fällen sollte eine gleichzeitige Wundspülung mit Octenisept® oder
Wasserstoffperoxyd u.a. nur dann erfolgen, wenn gewährleistet ist, dass diese Lösungen rückstandslos vor der Applikation von Iodosorb® entfernt wurden.
Ansonsten kommt es zur Iodfreisetzung mit Verätzung und Braunverfärbung. 

Wechselwirkung PVP-Iod und Antiseptikum (Octenisept®)Verätzungsgefahr

  3. Bild 1 

Bild 1: Ulkus an der Großzehe bei DFS. Erstversorgung mit PVP-Iod Salbe. Die Wunddesinfektion mit Octenisept® führt zur Iod Freisetzung
Bild 2: Die infizierte postoperative Wunde unterhalb des Knies wurde mit PVP-Iod Salbe behandelt. Die Wundantiseptik beim VW erfolgte mit Octenisept®.
Die Schwarzverfärbung zeigt die Iod Freisetzung an.
Bild 3: Schwarzverfärbung der Haut nach gleichzeitigem Einsatz von PVP-Iod und Octenisept®



PVP-Iod → Kollagenprodukte, denaturierte Eiweiße
Eine Kombination bzw. ein vorheriger Einsatz von PVP-Iod mit Kollagenprodukten, wie z.B. Promogran, Promogran Prisma, Epiona und Suprasorb C darf nicht
erfolgen, da auch hier die Eiweißverbindungen mit Iod reagieren, Eiweiß ausfällt und Iod unwirksam wird. 
ALSO:
Wunde nach Iod-Einsatz reichlich ausspülen oder besser kein Iod einsetzen.

Wechselwirkungen PVP Iod und Kollagenprodukte

  3 Auch hier muss vor Anwendung von Kollagenase PVP

Bild 1: Mit PVP Iod therapiertes UCV – vor Einsatz von Kollagenaseprodukten muss Iod komplett entfernt werden
Bild 2: Chronische, stagnierende Ulzera beider Innenknöchel. Gründliche Reinigung der Ulzera vor Applikation von Kollagenaseprodukten
Bild 3: Auch hier muss die Wundumgebung vor, Anwendung von Kollagenaseprodukten, von PVP-Iod-Resten befreit werden


Polyhexanid (Lavasept) → Alginate
Nachteilig bei der Verwendung von Polyhexanid-Lösungen ist, dass dieses Antiseptikum seine Wirksamkeit in Gegenwart bereits geringer Mengen negativ geladener Ionen, z.B. bei Anwesenheit von Alginat-, Acrylat-, Lactat- oder Iodionen, verliert. Daher ist darauf zu achten, dass Polyhexanid-Lösungen nicht mit anderen Wundtherapeutika und/oder moderneren Wundverbänden gemeinsam angewendet wird. Auch bei der Auswahl von Wundabdeckungen ist auf deren Wirkstofffreiheit zu achten.

Wechselwirkung PHMB (Polyhexanid) und Alginat

Wirkverlust von Polyhexanidlösung- und Gel zusammen mit Alginaten

  Bild 3

Bild 1: Erfolgloser Versuch der Antiseptik mit PHMB Lösung und Alginat
Bild 2: PHMB Lösung und Alginat werden keine Antiseptik machen
Bild 3: Auch ein PHMB-haltiges Gel in Verbindung mit einem Alginat bringt keinen Rückgang der Infektion


ActiMaris Wundspüllösung → wirkstoffhaltige Externa
Um mögliche Interaktionen zu vermeiden, sollte die Wundspüllösung nicht gleichzeitig mit wirkstoffhaltigen Externa (z.B. silber-, biguanid-, taurolidin- oder iodhaltigen Lösungen bzw. Wundauflagen) angewendet oder mit solchen gemischt werden (Fa. Mölnlycke).


Nanokristallierendes Silbersalz → Kochsalzlösung
Die Wundauflage Acticoat (Smith & Nephew) muss zur Aktivierung mit einer Lösung angefeuchtet werden um seine Wirkung zu erzielen. Allerdings ist der Einsatz von isotonischen Kochsalzlösungen (wird sehr oft als Spüllösung von Wunden eingesetzt) kontraindiziert, da die Natrium- und Chlorid-Ionen eine Verbindung mit dem nanokristallisierenden Silber eingehen und die wirksamen Silberionen „verbrauchen“. Eine verminderte Wirkung ist die Folge. 
ALSO: Acticoat wird mit Aqua dest aktiviert.


Biochirurgie mit Maden → Bacterium Pseudomonas (Schleimbildner)
Die Larven der Goldfliege haben keine Lebensgrundlage in Anwesenheit von schleimbildenden Bakterien.
ALSO: Bei Verdacht auf Pseudomonas-Infektion vorher einen Abstrich machen.

Wechselwirkung Maden und Pseudomonas aeruginosum

Keine Überlebenschance für Larven (Maden) bei schleimbildenen Bakterien

  Larven Maden im BioBag nach 2 Tagen bei Pseudomonas Infektion

Bild 1: Abgestorbene Maden bei Pseudomonas Infektion post OP am Vorfuß
Bild 2: Versuch der Biochirurgie post OP am Thorax – abgestorbene Maden
Bild 3: Maden im BioBag nach 2 Tagen bei Pseudomonas Infektion – vergebliche Biochirurgie


Cutimed Sorbact → Öl, fett- oder vaselinhaltige Substanzen
Cutimed Sorbact besitzt eine hydrophobe Wirkung. Öl, fett- oder vaselinhaltige Substanzen, z.B. in allen Salben und Cremes enthalten, verbinden sich mit
dem DACC-imprägnierten Fasern von Cutimed Sorbact und verhindern so die Ankopplung von Bakterien.
ALSO: Auf jeden Einsatz von Salben, Cremes und Öle verzichten.

Wechselwirkung Cutimed Sorbact und Öl, fett- und vaselinhaltige Substanzen

Vollständiger Wirkverlust von Cutimed Sorbact

  3 Sich in ein Gel umwandelndes Puder hebt die Wirkung von Cuti

Bild 1: Kompletter Wirkverlust von Cutimed Sorbact durch gleichzeitigen Einsatz einer enzymatisch wirkenden Salbe
Bild 2: Einsatz einer Hautcreme vor Applikation von Cutimed Sorbat. Aufhebung der Wirksamkeit
Bild 3: Sich in ein „ölhaltiges“ Gel umwandelndes Puder hebt die Wirkung von Cutimed Sorbact auf


Hämoglobin-Spray (Granulox) → Enzympräparate / Antiseptika
Antiseptika dürfen nicht gleichzeitig verwendet werden. Sie müssen ausgiebig aus der Wunde gespült werden. Gleichzeitiger Einsatz von enzymatischen
Produkten hebt die Wirkung von Granulox auf.


Hydrogele → saugende Wundauflagen
(Alginate, PU-Schäume, Saugkompressen, superabsorbierende Wundauflagen, etc) Die Feuchtigkeit von Hydrogelen (über 90% Wasser incl. Gelbildnern) wird durch o.g. Verbandstoffe aufgenommen und steht damit dem eigentlichen Zweck – z.B. der Autolyse – nicht mehr zur Verfügung. Hydrogele können ggf. nur dann sinnvoll sein, wenn feinporige
PU-Schäume eingesetzt werden. Das sollte aber nur im Einzelfall entschieden werden.

Wechselwirkung Hydrogele und saugende Wundauflagen erzielen nicht den gewünschten Effekt

  3 Autolyse mit einem Hydrogel und zusätzlich Applikation

Bild 1: Autolyse mit einem Hydrogel und Fixierung mit einem Superabsorber - unzweckmäßig 
Bild 2: Autolyse mit einem Hydrogel unter einem PU Schaum - unzweckmäßig
Bild 3: Autolyse mit einem Hydrogel und Applikation eines Alginates - unzweckmäßig


Hydrokolloidverbände + Folienverbände → Kompressionsverbände
Da weder Folienverbände noch Hydrokolloidverbände Exsudat speichern können, sollten Sie nicht unter Kompressionsverbänden zum Einsatz kommen. Durch den  Kompressionsdruck wird Exsudat aus der Wundauflage herausgedrückt und es besteht Mazerationsgefahr. Auslaufende Verbände sind nicht nur unhygenisch, sondern bergen auch eine Infektionsgefahr.

Wechselwirkung Hydrokolloidverband und Kompressionsverband

Austretendes Exsudat verunreinigt Kompressionsbinde und Wäsche

 Chronisch venöse Insuffizienz und UCV beide Unterschenkel. Durch die Kompression werden Exsudat und gelöste Hydrokolloidpartikel rasch aus dem Verband herausgedrückt Anlage einer Kompressionsbinde. Bereits bei geringer und mäßiger Exsudation muss bei Hydrokolloid-Verbänden zeitnah ein Verbandwechsel durchgeführt werden Einmal abgesehen von dem „zerstörten“ Kompressionsverband, tritt Exsudat durch die Binde hindurch. Eine Kontamination, u.a. mit der Kleidung, Bettwäsche o.ä. ist gegeben.

Bild 1: Chronisch venöse Insuffizienz und UCV beide Unterschenkel. Durch die Kompression werden Exsudat und gelöste Hydrokolloidpartikel rasch aus dem Verband herausgedrückt
Bild 2: Anlage einer Kompressionsbinde. Bereits bei geringer und mäßiger Exsudation muss bei Hydrokolloid-Verbänden zeitnah ein Verbandwechsel durchgeführt werden
Bild 3: Einmal abgesehen von dem „zerstörten“ Kompressionsverband, tritt Exsudat durch die Binde hindurch. Eine Kontamination, u.a. mit der Kleidung, Bettwäsche o.ä. ist gegeben.


Zellstrukturen  → Wasserstoffperoxid (H2O2)

Die Wasserstoffperoxid Lösung ist eine Chemikalie, die in der natürlichen Umwelt nicht vorkommt. Es handelt sich um eine 3%ige Lösung, die sehr starke oxidierende Eigenschaften hat.
Die Wasserstoffperoxid Lösung reagiert mit dem Blut. Diese Reaktion führt zur Freisetzung von Sauerstoff, so dass beim Spülen der Wunde ein weißer Schaum entsteht.

H202 bewirkt auch den Abbau von Eiweißen und Zellmembranen. Das Problem: Zellstrukturen (z.B. Granulationsgewebe) werden geschädigt. Dies zeigt sich durch eine helle, nicht wegwischbare Wundoberfläche. Die Zellen sind durch Oxidation vernichtet.
Was also eben noch gut gewachsen ist, wird zerstört. Auf diese Weise kann die Wundheilung verlängert werden.

ALSO: Will man eine gute Antiseptik, greift man besser auf Antiseptika zurück. Als reine Wundspüllösung ungeeignet und schädlich für die Wundheilung

Schädlich für die Wundheilung, besser nicht benutzen

Spülung eines Amputationsstumpfes mit H2O2 Granulierender sakraler Dekubitus Keine Infektion Gesäß Wundgrund Wasserstoffperoxyd falsch

Bild 1: Spülung eines Amputationsstumpfes mit H2O2 . Die Lösung schäumt auf
Bild 2: Granulierender sakraler Dekubitus, Keine Infektion. Vor Spülung mit H2O2
Bild 3: Nach H2O2 Spülung zeigt sich ein weißer Wundgrund durch oxidierte Zellen